ausgangssituation
angesichts der rückläufigen zahl der gemeindeglieder und der damit verbundenen finanziellen einbußen sah die evangelische kirchengemeinde duisburg-neudorf-ost im jahr 2002 die notwendigkeit, sparmaßnahmen vorzunehmen: aktivitäten und nutzungen, die bisher in zwei gemeindehäusern mit je einem kirchsaal aufgeteilt waren, sollten zusammengeführt werden. bei der entscheidung, welches haus aufgegeben wird, waren folgende fragen von bedeutung: 1. welche immobilie/welches grundstück bietet die bessere verwertbarkeit für andere nutzungen und läßt sich damit ertragreicher veräußern?, und 2. wo lassen sich vorhandene einrichtungen am besten mitnutzen? im ergebnis wurde das gemeindehaus an der bürgerstraße aufgegeben, da es inmitten eines bevorzugten wohngebietes in waldnähe liegt. mit dem erlös aus dem grundstücksverkauf wurde die umgestaltung und der neubau des gemeindehauses an der wildstraße finanziert. so konnte hier der standort der kirchengemeinde, der gleichzeitig auch einen kindergarten und ein jugendzentrum umfaßt, gestärkt werden. im september 2005 wurden die räumlichkeiten der gemeinde in einem festgottesdienst übergeben.

aufgabe
das raumprogramm umfaßt zwei gruppenräume, eine große küche, das neue pfarrbüro und neue sanitärräume. der vorhandene gemeinde- und kirchsaal sollte eine neue, sakrale atmosphäre erhalten. ein gruppenraum sollte als erweiterung für den saal dienen.

städtebau
die umgebende wohnbebauung ist heterogen; zweigeschossige einfamilienhäuser der 70er jahre und mehrgeschossige siedlungsbauten der 20er, 60er und 70er jahre des 20. jhdts. prägen das stadtviertel. alle dachformen sind vorhanden, eine vielfalt von fassadenmaterialien ist zu sehen.

entwurf
der neubau des gemeindehauses zeigt sich als kräftiger, kubischer baukörper vorne an der straße, die bauflucht der nachbarbebauung aufnehmend. nach hinten stellt sich der neubau vor den bestehenden saal; bewußt wird dessen breite überschritten, und gleichzeitig der übergang zwischen alt und neu durch eine ca. 1 m breite, aber niedrigere fuge markiert. so wird der folge der heterogenen baukörper von kindergarten und saal mit dem gemeindehaus ein beruhigender und doch markanter anfang gesetzt.
die fassaden, die durch das rot-bunte verblendmauerwerk geprägt sind, spielen mit offenen und geschlossenen flächen, mit vor- und rücksprüngen auf der eingangsseite sowie mit materialwechseln. die zwei unterschiedlichen gebäudehöhen spiegeln die innere struktur wider. als einladende geste wirkt die breite verglaste türanlage sowie die großzügige treppe. zusammen mit dem hochbeet, der rampe, den sichtbetonwänden und dem sitzblock ist eine begehbare skulptur als vorzone entstanden. auch der zugang zum jugendheim und zum kindergarten profitiert von der öffnung zur straße hin und wird nun präsent.
alle funktionen sind in zwei geschossen organisiert. das erdgeschoß wird bestimmt durch das große foyer, das ebenso saalerweiterung oder separater gruppenraum sein kann. wichtig ist die große, die gesamte raumlänge umfassende, stützenfreie öffnung (12 m) zum gemeindesaal. die trennung erfolgt mittels flexibler trennwand, mit axial gelagerten elementen, so daß eine hohe flexibilität in der anordnung möglich ist. über den vorgeschalteten windfang werden auch die küche und ein barrierefreies wc erreicht, die offene treppe führt zum obergeschoß mit dem gemeindebüro, dem zweiten gruppenraum sowie den toiletten und der garderobe.

die materialwahl folgt dem konzept, möglichst natürliche, in der wirkung warme materialien zu verwenden. zusammen mit den weißen wänden und einigen farbakzenten ist eine harmonische einheit entstanden.
im neubau sind die fenster, die innerhalb der verblendfläche liegen, aus heller eiche. die fenster mit großformatigen, wandbildenden öffnungen sind aus grau beschichtetem aluminium. der saal erhält ebenfalls eichenfenster mit klarverglasung, die in die bestehenden rundbogenöffnungen, jedoch mit niedrigerer brüstung eingepaßt sind.
alle innentüren, mit ausnahme der nebentüren, sind raumhoch und mit hellem eichenholzfurnier versehen, teilweise mit großflächigen glaselementen. die türblätter zur saalerweiterung sind in einem warmen, dunklen grau lackiert, die mobile raumtrennwand bordeauxrot.
das komplette erdgeschoß ist mit natursteinplatten (jura grau) belegt. die verlegeart, bahnen unterschiedlicher längen in zwei breiten, läßt eine lebendige, aber nicht aufdringliche optik entstehen. die farbigkeit des natursteinbodens spiegelt sich in der sichtbetondecke der saalerweiterung wieder und wird ergänzt durch die raumbreite schrankwand, deren front mit naturbelassenem loomgeflecht bekleidet ist. im gesamten obergeschoß wurde ein parkettboden aus geräucherter eiche verlegt.

die besondere wirkung erhält der saal durch seine neue höhe, da der raum bis zum first geöffnet wurde. die bestehenden, nun freigelegten stahlträger bleiben sichtbar und der dunkelgraue anstrich kontrastiert zu den weißen decken- und wandflächen. in dieses hohe deckenfeld ist eine vielzahl von kleinen glasleuchten tief abgehängt, so daß eine zweite horizontale ebene entsteht.
die neu eingestellte altarwand bildet einen „rücken“ für den altar und faßt den altarraum neu. der ort der lithurgischen handlung ist bewußt durch ein podest definiert; altar, lesepult, taufbecken und kreuz werden zusammengefaßt und lassen selbst bei nicht sakraler nutzung des raumes den ort erkennen. entstanden ist ein heller, lichtdurchfluteter raum. durch leichte, textile stores kann der grad der sichtbeziehung nach außen subtil bestimmt werden.


verknüpfungen
im „neuen haus“ sind gemeinsamkeiten aus beiden gemeindehäusern wiederzufinden. der segensstein der wildstraße wurde als schmuck und äußeres christliches zeichen in die neue fassade integriert. der grundstein des gemeindehauses bürgerstraße wurde sichergestellt und aufgearbeitet. mit einem aufwendigen natursteinsockel verleiht der stein nun dem hellen und puristischen eingangsbereich eine besondere stimmung.
altar und lesepult wurden, als zeichen des gemeinsamen neuanfangs, neu gefertigt. das mächtige, hölzerne kreuz stammt aus der bürgerstraße, ebenso wie die historische bibel und die taufschale, die eine neue stellage erhielt. das sakralgeschirr der wildstraße findet nun seinen platz in der nische der neuen altarwand. auch die orgel aus der bürgerstraße wurde übernommen und mit einer sorgfältigen umgestaltung an die gestaltung und atmosphäre des neuen kirchsaales angepaßt.